Nubila Weihnachtsgeschichte

Eine Weihnachtsgeschichte


„Also. Ich verstehe ja immer noch nicht, warum wir eigentlich Weihnachten feiern“, schimpfte Jason, während er versuchte eine Lichterkette an dem großen Tannenbaum anzubringen. „Das ist einer der dämlichsten Bräuche die ich kenne. Jetzt mal ehrlich. Die Menschen feiern da die Geburt eines Babys, das angeblich von einer Jungfrau zur Welt gebracht wurde. Ein Engel verbreitet die Kunde und es kommen vier Könige daher….“
„Drei.“
„Wie bitte?“
Kathleen lächelte amüsiert und hielt die Figuren der drei heiligen Könige in die Höhe.
„Es sind nur drei Könige“, wiederholte sie. „Caspar, Melchior und Balthasar. Zumindest hier. In Syrien zum Beispiel nennen die Christen sie Larvandad, Hormisdas und Gushnasaph.“
Jason hob skeptisch eine Augenbraue.
„Woher weißt du denn das schon wieder?“
Kathleen zuckte mit den Schultern.
„Wikipedia.“
Jason rümpfte die Nase und schüttelte den Kopf.
„Dieser ganze neumodische Internetkram. Ich verstehe gar nicht, warum du dich so dafür interessierst. Oder warum es dir so wichtig ist, dass die Kinder ein Weihnachtsfest bekommen. Früher war es Laney. Jetzt ist es Celia. Dabei sind wir Vampire, schon vergessen? Weihnachten ist ein christliches Fest. Findest du das nicht ein wenig… unpassend.“
„Ich bin mit Weihnachten aufgewachsen, Jason“, erklärte Kathleen und platzierte das Jesuskind in der Krippe. „Ich kann mich zwar nicht mehr an meine Eltern erinnern, aber ich weiß noch, dass wir jedes Jahr Weihnachten gefeiert haben und dass es immer wunderbar gewesen ist. Vor allem die Zeit, als ich noch an das Christkind geglaubt habe war wunderschön. Die Aufregung und die Spannung. Das war einfach magisch. Kein Kind sollte das missen, ganz egal welcher Rasse oder welcher Religion es angehört. Weihnachten ist nicht nur ein religiöses Fest, sondern auch ein kulturelles. Wir leben in Amerika, also sollten wir es auch feiern. Egal, wovon wir uns ernähren.“
„Pft. Amerika. Kommt in Amerika nicht bloß Santa Clause? Und müssten wir dann nicht Socken über dem Kamin aufhängen?“
Kathleen sah zu Jason auf und zog eine Augenbraue nach oben.
„Meine Familie hatte wahrscheinlich europäische Wurzeln. Ich kann mich nämlich erinnern, dass bei uns das Christkind kam.“
„Und du glaubst wirklich, dass dieser ganze Kram Celia aufheitern wird? Ich meine… CeeCee hat so viel mitgemacht in letzter Zeit. Sie hat erst vor ein paar Monaten ihre Mutter verloren und seit ein paar Tagen ist auch noch Coal verschwunden. Er wollte eigentlich schon längst wieder hier sein, aber er lässt sich einfach nicht erreichen. Ich glaube wirklich nicht, dass es da eine gute Idee ist Weihnachten zu feiern.“
„Coal wird schon rechtzeitig wieder kommen. Er hat es versprochen und er gehört zu den Personen, die ihre Versprechen halten. Du verstehst das nicht, Jason. Du bist aber auch kein Kind mehr. Du bist nicht mehr so empfänglich für die Magie und den Zauber. Wenn Laney da wäre, würde sie mich verstehen. Sie hat Weihnachten auch geliebt.“
Das konnte Jason kaum abstreiten. Laney hatte ihr erstes Weihnachten gefeiert, als sie etwa in demselben Alter gewesen war wie Celia jetzt. Sie war vom ersten Jahr an begeistert gewesen und hatte darauf bestanden das Fest sogar dann noch zu feiern, als sie längst nicht mehr an das Christkind glaubte. Ein wehmütiges Lächeln erschien auf Jasons Gesicht und er zog Kathleen auf die Beine.
„Du hast Recht. Sie hat es geliebt. Und ich wünschte wirklich, sie wäre jetzt hier.“
Kathleen nickte traurig und strich Jason über das Gesicht. Ihr fehlte Laney auch, aber es war sicherlich nicht zu vergleichen mit der Art und Weise wie Jason sie vermisste. Noch über neun Jahre mussten sie warten, bis Laney wieder erwachte und die Zeit erschien ihr unvorstellbar lang. Aber sie war notwendig damit Laney nicht alterte, insofern blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich damit zu arrangieren.  
„Ich wünschte auch, sie wäre hier“, sagte Kathleen. „Aber vielleicht hilft es ja, wenn wir uns ihre Anwesenheit vorstellen. Sie ist schließlich nicht tot, sondern schläft nur. Wenn wir ganz doll an sie denken… Wer weiß… Vielleicht träumt sie ja dann von uns.“
Jason schüttelte den Kopf und gab Kathleen dann einen Kuss auf die Nasenspitze.
„Du bist wirklich einzigartig, Kath. Sag mal,… meinst du, der Baum kann so bleiben?“, fragte er hoffnungsvoll und sah zu dem Tannenbaum hinüber, der auf der rechten Seite erheblich mehr Kerzen hatte als links.
„Auf gar keinen Fall“, sagte Kathleen und gab Jason einen Kuss auf die Wange. „Das ist Celias erstes Weihnachtsfest und ich bestehe darauf, dass alles perfekt wird. Der Baum braucht mehr Kerzen und dann natürlich noch Kugeln und Lametta. Glaub mir. Der Baum ist das Wichtigste bei der ganzen Sache. Der Baum… und natürlich die Leute, die am Weihnachtstag bei einem sind. Die Geschenke sind eigentlich nur Bonus. Also komm schon. Ich helfe dir.“

„CeeCee. Hör sofort auf durch das Schlüsselloch zu spionieren, sonst bringt das Christkind keine Geschenke für dich heute Nacht.“
Mit großen Augen drehte Celia sich zu Leonie um und biss sich dann auf die Lippe.
„Aber… Ich wollte nicht spionieren, Tante Leo. Ich wollte nur sehen, ob das Christuskind meine Hilfe braucht.“
Sie nickte so überzeugt, dass es Leonie schwer fiel weiterhin böse zu sein. Trotzdem stemmte sie die Hände in die Hüften und gab sich Mühe so streng wie möglich zu wirken.
„Gelinst wird nicht, kleine Madame. Das ist mein voller Ernst. Das Christkind sieht alles und wenn die Kinder heimlich gucken, dann kann es keine Geschenke bringen. Und du willst doch, dass es dir Geschenke bringt. Du hast dir doch bestimmt was gewünscht, oder?“
Sofort nickte Celia.
„Ich habe sogar einen Brief an das Christkind geschrieben. Ich habe ihn in den Wald gebracht. Dort bin ich auf einen Baum geklettert und habe ihn in den Wind geworfen, damit er zum Christkind fliegen kann.“
„Ach ja?“, fragte Leonie und setzte sich neben Celia auf den Boden. „Und was stand da drin?“
„Na was ich mir wünsche“, erklärte das Mädchen, als wäre das vollkommen logisch.
„Ja, Schätzchen. Aber was wünscht du dir denn?“
„Ach so. Aber das ist doch ganz logisch, Tante Leo. Ich wünsche mir, meine Mami wieder zu sehen.“
Leonies Mund wurde trocken und einen Moment lang fiel es ihr schwer zu schlucken. Natürlich wünschte Celia sich das. Die ganze Familie wünschte es sich, vor allem aber Cynthias Bruder Greg sowie ihr Mann Coal. Die beiden Männer litten genauso unter Cynthias Tod, wie Celia, nur dass sie stets versuchten, ihre Qualen zu verstecken, weil es angeblich unmännlich war zu weinen. Leonie hatte so etwas immer für Unsinn gehalten. Männlich… unmännlich. Wer entschied denn was männlich war? Eine Flasche Bier, Fußball gucken und nach dem Essen rülpsen? Wenn das männlich war, freute sie sich wirklich darüber, dass Greg nicht zu dieser Sorte Mann gehörte.
Leonie holte tief Luft und ließ sie dann langsam wieder entweichen.
„Hör mal, Schätzchen. Ich weiß, dass das für dich eine große Enttäuschung sein wird, aber es gibt ein paar Wünsche, die auch das Christkind nicht erfüllen kann.“
Celia sah sie ernst an.
„Ich weiß, Tante Leo“, sagte sie. „Das hat Daddy mir auch schon erklärt. Mami ist jetzt auch Engel, so wie das Christkind. Nur kann sie leider nicht zur Erde hinunter kommen, weil sie einen anderen Job im Himmel hat, nicht wahr?“
Leonie nickte, weil sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals und es fiel ihr schwer, nicht vor Rührung zu weinen. Sie empfand so starkes Mitgefühl mit Celia, das es ihr die Kehle zuschnürte. Ein Kind sollte seine Mutter nicht in den ersten Jahren seines Lebens verlieren. Am besten war es natürlich, wenn man seine Eltern gar nicht verlor, was bei Vampiren durchaus möglich war, aber in den ersten Jahren war es besonders hart. Die Tatsache, dass Cynthia gestorben war, um Celia das Leben zu retten, machte die Sache nicht unbedingt einfacher.  
„Ich habe Papi gesagt, dass ich Mami doch nur so gerne nochmal sehen würde, weil… weil… ich habe Angst zu vergessen, wie sie aussieht.“
Leonie stutzte. Dann erst wurde ihr klar, was Celia damit meinte. Es gab keine Fotos mehr von Cynthia. Alle Bilder, die im Herrenhaus gewesen waren, waren dem Angriff der Ältesten zum Opfer gefallen. In den Trümmern hatten sich Reste davon befunden, aber nichts, was aufzubewahren sich gelohnt hätte.   
„Ein Bild?“, fragte Leonie. „Du wünscht dir ein Bild von ihr?“
Celia nickte.
„Ja. Und Papi hat versprochen loszugehen, um dem Christkind dabei zu helfen eins zu finden. Er wird bestimmt bald wieder kommen. Morgen ist schließlich schon Weihnachten.“
„Ja das stimmt“, gab Leonie zu.
Obwohl sie selber nicht mit dem Brauch Weihnachten zu feiern aufgewachsen war, fand sie die Idee von Kathleen, für Celia ein Weihnachtsfest zu geben, wunderbar. Das Mädchen hatte es verdient etwas Freude zu erleben.
„Weißt du, CeeCee. Du hast absolut Recht. Morgen ist Weihnachten, aber das ist nur ein Grund mehr, warum du nicht durch das Schlüsselloch linsen solltest. Denn glaub mir, Überraschungen sind immer am schönsten, wenn man vorher nichts davon weiß.“
Celia grinste breit, sprang dann auf und zog Leonie in Windeseile einen ihrer Schuhe von den Füßen. Verdutzt blickte Leonie das Kind an.
„Was soll das denn nun schon wieder?“, fragte sie.
„Na was schon? Eine Überraschung. Und jetzt musst du mich fangen, wenn du deinen Schuh wieder haben willst.“
Mit diesen Worten rannte Celia los und verschwand mit Leonies Schuh die Treppe hoch.
„Du kleines Biest“, sagte Leonie lachend und rannte ihr so schnell sie konnte hinterher. „Na warte. Dich finde ich schon.“

„Es geht los, es geht los, es geht los“, trällerte Celia fröhlich und hüpfte so sehr auf und ab, dass Kathleen große Probleme damit hatte, dem Mädchen das Kleid zuzumachen.
Celia trug für gewöhnlich keine schicke Kleidung, weil sie einfach alles in kürzester Zeit in Lumpen verwandelte. An einem Festtag wie diesem hatte Kathleen Jason aber dazu überreden können, dem Kind ein besonders schönes Kleid zu kaufen, das aus rotem Samt und goldenen Spitzen bestand. Sie sah darin aus, wie eine kleine Prinzessin. Zumindest, solange man es schaffte sie davon abzuhalten wie ein Flummi auf und ab zu springen.
„Ja. Es geht los“, bestätigte Kathleen. „Aber das ist noch lange kein Grund, um so herum zu spinnen, CeeCee. Wirklich. Du zerreißt noch das schöne Kleid.“
„Aber ich bin doch so furchtbar aufgeregt. Was wenn… Was wenn das Christkind gar nicht kommt, weil ich nicht artig gewesen bin?“
„CeeCee. Du bist nie artig. Danach können wir also gar nicht gehen. Wer immer dir erzählt hat, das Christkind würde nur zu artigen Kindern kommen hat dich belogen.“
„Wirklich?“
„Wirklich. Ich glaube sogar, dass das Christkind die unartigen Kinder besonders gerne mag. Der Bibel nach hat Jesus sich schließlich besonders nett um die Menschen gekümmert, die böse Dinge getan haben und ihnen ihre Sünden vergeben. Warum sollte das Christkind das bei dir anders sehen?“
Celia nickte.
„Also bekomme ich ganz sicher Geschenke?“
„Oh ja. Die bekommst du. Wenn du es nun einen Moment schaffen würdest still zu halten, damit ich dein Kleid zumachen kann, wird es auch erheblich schneller gehen.“
Sofort versteifte sich Celia zu einer Salzsäule.
„So gut?“, fragte sie unter zusammengekniffenen Zähnen.
„Wunderbar“, lachte Kathleen und schloss die letzten Knöpfe. „Dann mal ab nach unten mit dir.“

Der Speisesaal des ehemaligen Ältestenpalastes war bunt geschmückt und die meisten Gäste waren bereits anwesend. Am hinteren Ende der Tafel saßen Viktor und Doreen. Daneben Greg und Leonie. Gegenüber hatten Alexander und Gadha, sowie Thabea und Harold Platz genommen. Neben ihnen saß William und unterhielt sich angeregt mit dem Rest der Runde.
Die Isländer hatten leider nicht kommen können, aber Swana hatte eine wunderschöne Weihnachtskarte geschickt, auf der ihr kleines Baby Mady eine viel zu große Weihnachtsmütze auf dem Kopf trug. Jason saß neben der quirligen Celia und hatte auf der anderen Seite einen Platz frei gehalten, für den Fall, dass Coal es noch rechtzeitig schaffen würde. Neben Kathleens Platz war insofern nur noch ein anderer Stuhl unbesetzt. Kathleen lächelte, als sie ihn sah und hoffte, dass der Überraschungsgast noch pünktlich eintreffen würde. Sie hatte die Person ohne das Wissen der Anderen eingeladen und war sich nicht ganz sicher, wie die Familie reagieren würde. Doch das würde sich noch früh genug zeigen.
Gerade, als Kathleen sich setzen wollte, klopfte es.
„Ich gehe schon“, sagte Kathleen, als Jason sich erheben wollte. „Bleib du ruhig sitzen.“
Jason nickte leicht und Kathleen machte sich auf den Weg zur Haupttür. Natürlich hätte sie darauf warten können, dass einer der Angestellten die Tür öffnete, aber da Weihnachten war, hatte sie allen kurzerhand frei gegeben. Hinzu kam, dass Kathleen den Gedanken schrecklich fand die Kaltblüter durch die Gegend zu schicken, egal, ob diese es gewohnt waren oder nicht. Vermutlich hatte sie selber zu lange als Dienerin gelebt, um sich jemals auf der anderen Seite der Befehlskette wohl zu fühlen.
Als Kathleen die große Tür öffnete und die verschneite Gestalt auf der Treppe sah, konnte sie sich ein Lachen nicht verkneifen.
„Darrek“, sagte sie fröhlich. „Wie wunderschön, das du kommen konntest.“
„Ja, nicht wahr?“, fragte dieser grimmig und drückte sich schnell an ihr vorbei ins Innere, um dort den Schnee abzuschütteln. „Brrr. Es ist eiskalt. Ich verstehe zwar immer noch nicht ganz, warum du mich eingeladen hast, aber bitte. Hier bin ich. Fröhliche Weihnachten.“
Er sprach die Worte aus, als könnte er überhaupt nichts fröhliches an Weihnachten finden, aber Kathleen beschloss ihm das nicht weiter übel zu nehmen. Dass schlechte Laune ein fester Bestandteil von Darreks Charakter war, hatte sie bereits festgestellt. Sie verstand zwar nicht ganz, wie Laney damit zurecht kam, aber das war schließlich ihre Sache.
„Warum muss Weihnachten eigentlich im Winter stattfinden?“, fragte Darrek und rieb sich die kalten Hände. „Könnte man es nicht in den Sommer verlegen, wenn es warm ist?“
„In Australien ist im Dezember Sommer und die feiern auch Weihnachten. Aber glaub mir, das ist einfach nicht dasselbe.“
„Wieso? Palmen mit Lichterketten stelle ich mir super vor. Dies pieken auch nicht so.“
Kathleen lachte. Sie nahm Darrek die Jacke ab und hängte sie zur Seite. Danach umarmte sie ihn herzlich.
„Ich freue mich, das du da bist“, sagte sie ehrlich.
Etwas hilflos erwiderte Darrek die Umarmung und sah dann zu Boden.
„Danke für die Einladung. Ich… ich habe erst überlegt nicht zu kommen“, gab er zu. „Der Gedanke Laney so nahe zu sein und zu wissen, dass sie nicht… Ich wusste nicht, ob… Naja. Aber jetzt bin ich ja trotzdem hier. Ich schätze, das hätte sie gefreut.“
„Ganz sicher sogar“, sagte Kathleen und hängte sich bei ihm ein. „Laney wird es lieben, wenn du und Jason es schafft euch während ihrer Schlafphase wieder ein wenig anzunähern. Ihr habt lange genug gestritten und wenn du dich wirklich mit Laney verbinden willst, gehörst du in Zukunft zur Familie. Und da Weihnachten ein Familienfest ist, halte ich das für die ideale Gelegenheit, um wieder Frieden zu schließen.“
Darrek schnaubte und schüttelte den Kopf.
„Ganz bestimmt“, sagte er mit ironischem Unterton. „Weihnachten ist schließlich das Fest der Liebe, nicht wahr?“

Jason sah gespannt zur Tür und wartete ab, wen Kathleen an diesem Abend als Überraschungsgast präsentieren würde. Er hatte es nicht geschafft eine Info aus ihr herauszubekommen, um wen es sich handelte, aber er vermutete, dass es jemand aus Island sein musste. Wahrscheinlich Einar, der zurzeit quer durch die Welt reiste. Vielleicht war es aber auch Johanna, die für ihr Alter immer noch erstaunlich fit war. Als jedoch Darrek hinter Kathleen in den Speisesaal getreten kam, verstummte für einen Moment jegliche Konversation am Tisch und alle starrten ihn ungläubig an.
„Seht nur, wer den weiten Weg durch den Schnee zu uns geschafft hat“, sagte Kathleen gut gelaunt und sah in die Runde.
Es herrschte einen Moment Stille, bis Greg sich räusperte und aufstand, um Darrek die Hand entgegen zu strecken.
„Schön, dass du da bist, Mann“, sagte er. „Es freut mich wirklich, dich zu sehen.“
Darrek nahm die Hand an und lächelte gequält.
„Die Freude ist ganz meinerseits.“
Sofort stand auch Leonie auf und stellte sich an Gregs Seite. Sie lächelte so unbekümmert wie eh und je.
„Das hier ist Leo“, stellte Greg sie vor. „Meine Verlobte.“
Darrek  hob eine Braue, fasste dann Leonies Hand und drückte ihr galant einen Kuss auf die Knöchel.
„Sehr erfreut“, sagte er und wandte sich dann wieder Greg zu. „Schlechten Geschmack kann man dir wirklich nicht vorwerfen.“
Jason konnte die Spannung zwischen den beiden Männern regelrecht spüren. Eine Zeit lang, hatten beide sich für Laney interessiert, aber Laney hatte es nie geschafft in Greg etwas anderes zu sehen als einen Bruder.
Als nächstes hüpfte Celia von ihrem Stuhl und umarmte Darreks Bein.
„Bist du der Weihnachtsmann?“, fragte sie.
Darrek lachte mit tiefer Stimme und Jason war überrascht, dass das Lächeln sogar seine Augen erreichte. Er beugte sich zu dem Kind hinunter und machte sie von seinem Bein los.
„Weihnachtsmann?“, fragte er. „Ich dachte bei dir kommt das Christkind.“
„Du siehst aber nicht aus wie ein Christkind“, erklärte Celia und verschränkte die Arme.
„CeeCee“, sagte Doreen. „Das ist nicht der Weihnachtsmann, sondern der Freund von Laney. Du hast ihn schon kennengelernt. Erinnerst du dich nicht?“
Celia betrachtete Darrek eingehend und schüttelte dann den Kopf. Im Prinzip war es nicht weiter verwunderlich, dass sie sich nicht erinnerte. In der Zeit nach Cynthias Tod war sie nur schwer für etwas anderes als ihre eigene Trauer zugänglich gewesen und Darrek hatte sich nicht gerade um ihre Aufmerksamkeit bemüht.
„Hast du denn Geschenke mitgebracht?“, fragte sie.
Alle am Tisch fingen an zu lachen.
„Wie der Zufall es will, habe ich tatsächlich etwas für dich dabei“, sagte Darrek und zog etwas aus der Hosentasche.
Es dauerte einen Augenblick, bis Jason auffiel, dass es ein Taschenmesser war. Doch bevor er etwas dazu sagen konnte, hatte Celia es schon an sich gerissen und hüpfte fröhlich damit durch den Saal.
„Ich habe ein Geschenk bekommen“, rief sie. „Ich habe ein Geschenk bekommen.“
„Ist das nicht ein etwas unpassendes Geschenk für eine Fünfjährige?“, fragte Kathleen so leise, dass Celia es nicht hören konnte.
Darrek zuckte mit den Schultern.
„Etwas anderes hatte ich gerade nicht. Außerdem kannst du mir nicht erzählen, dass eine Barbiepuppe für dieses Kind besser gewesen wäre.“
Kathleen seufzte, weil ihr klar war, dass Darrek die Wahrheit sagte. Trotzdem machte sie sich offensichtlich sorgen, dass Celia sich verletzen konnte.
Nach und nach standen auch die anderen Familienmitglieder auf, um Darrek in ihrer Mitte willkommen zu heißen. Ihn auf dieser Weihnachtsfeier zu sehen, kam wirklich unerwartet. Nachdem Laney ihre Schlafphase angetreten hatte, war er monatelang spurlos verschwunden gewesen und es war Jason wirklich ein Rätsel, wie Kathleen ihn aufgetrieben hatte. Als William jedoch aufstand und Darrek in die Arme schloss, kam Jason ein vager Verdacht, wer Kathleen geholfen haben konnte.
Jason zuckte leicht zusammen, als er leicht angestupst wurde. Offenbar war er nun an der Reihe, etwas zu sagen. Unbeholfen stand er auf und ging auf den Mann zu, der jahrelang sein bester Freund gewesen war und der ihn dann so unerwartet verraten hatte. Als Laney noch wach gewesen war, hatte Jason keine andere Wahl gehabt, als sich Darrek wieder anzunähern. Doch es hatte ihn schwer enttäuscht, das Darrek danach einfach wieder ohne ein Wort verschwunden war.
„Also, Darrek“, sagte Jason. „Herzlich Willkommen in unserem neuen zu Hause.“
 Darrek nickte.
„Es tut mir leid, dass ich einfach so verschwunden bin, Jason. Es war nur… Laney gehen zu lassen war härter für mich, als ich erwartet hatte.“
Jasons Herz krampfte sich zusammen und plötzlich wurde ihm bewusst, dass er und Darrek nicht mehr in verschiedenen Lagern kämpften, wie es so lange der Fall gewesen war. Darrek liebte Laney auf seine Art genauso sehr wie Jason es tat. Wenn nicht sogar noch mehr. Denn es gab nichts, was sich mit der Macht der Verbindung zwischen Mann und Frau vergleichen ließ. Jason blickte kurz zu Kathleen und als diese ihm aufmunternd zulächelte, gab Jason sich einen Stoß und schloss Darrek in die Arme.
„Es tut gut dich wieder zu sehen, alter Freund“, sagte er und war erstaunt festzustellen, dass er es ernst meinte.
„Sollen wir dann mit dem Weihnachtsessen beginnen?“, fragte Doreen und hob eine Kanne mit Blut.
„Ja ja ja“, rief Celia. „Und danach bekomme ich meine Geschenke?“

Kathleen war froh, dass sie die Familie zu diesem Weihnachtsfest überredet hatte. Die Stimmung war ausgelassen und alle hatten ihren Spaß. Als Celia den großen Weihnachtsbaum im Saal gesehen hatte, waren ihre Augen so groß geworden wie Unterteller, und beim Anblick all der Geschenke, bekam sie für kurze Zeit Schnappatmung.
„Und? Amüsierst du dich?“, fragte Jason und legte einen Arm um ihre Hüfte.
Automatisch lehnte Kathleen sich an ihn und atmete seinen bekannten Geruch ein.
„Sehr“, gab sie zu. „Und du? Wie ich gesehen habe, hatten du und Darrek sich viel zu erzählen.“
Jason nickte.
„Ja. Ich denke, es gibt immer noch einige Dinge, die wir zu klären haben. Aber im Großen und Ganzen werden wir uns wohl miteinander arrangieren. Mir bleibt wohl auch keine andere Wahl. Denn sofern ich Darrek nicht dazu kriege in Laneys Abwesenheit eine andere Frau flachzulegen, wird Laney sich wohl kaum davon abbringen lassen, sich mit ihm zu verbinden.“
Kathleen lachte.
„Nein. Das wird sie wohl wirklich nicht. Ach ja. Bevor ich es vergesse. Ich habe noch etwas für dich.“
Böse sah Jason sie an.
„Wir haben doch abgemacht, dass wir uns nichts gegenseitig schenken“, schimpfte er. „Das haben wir die ganzen Jahre über mit Laney auch nicht getan.“
„Ich weiß. Es ist auch kein richtiges Geschenk, sondern eher eine Tradition.“
Sie zog ein bunt verpacktes Päckchen unter dem Tannenbaum hervor und reichte es Jason.
„Frohe Weihnachten“, sagte sie.
„Danke“, erwiderte Jason und öffnete es behutsam.
Als er sah, was es war, runzelte er verwirrt die Stirn.
„Socken?“, fragte er skeptisch und hob ein Paar bunte Wollsocken in die Höhe.
Kathleen lachte.
„Nicht irgendwelche Socken“, beharrte sie. „Selbst gestrickte Socken.“
„Die hast du selber gemacht?“, fragte Jason verblüfft und strich über das schöne Muster.
Kathleen nickte.
„Das hat meine Großmutter mir beigebracht… glaube ich zumindest. Vielleicht war es auch meine Mutter. Ich bin mir zumindest sicher, dass ich es schon sehr lange nicht mehr gemacht habe.“
„Du steckst doch immer wieder voller Überraschungen“, sagte Jason. „Und wie es der Zufall will, habe ich in diesem Jahr auch ein Geschenk für dich.“
„Aber…“
„Keine Widerrede. Du hast mir etwas geschenkt, also darf ich das auch.“
Kathleen biss sich auf die Unterlippe und nahm dann eine kleine goldene Schachtel entgegen, die äußerst elegant aussah. Sie klappte sie auf und zum Vorschein kam ein dünnes Silberkettchen mit einem Herzanhänger.
„Weil du mein Herz immer bei dir trägst“, sagte Jason und schlang das Kettchen um ihren Arm.
„Oh Jason. Das ist wirklich wunderschön. Ich danke dir vielmals.“
Sie strich zärtlich über das Schmuckstück und sah Jason dann in die Augen.
„Danke für alles, Jason. Wirklich. Ich weiß, dass du nichts von Weihnachten hältst und ich weiß auch, dass es dir schwer gefallen ist zu akzeptieren, dass ich mich nicht gleich wieder mit dir verbinden wollte.“
„Kath…“
„Nein. Lass mich ausreden. Du bist ein wunderbarer Mann, Jason. Und die Wahrheit ist, ich vermisse die Zusammengehörigkeit zwischen uns. Ich glaube, es war wichtig für uns beide, eine Weile nicht verbunden zu sein, aber es fehlt mir wirklich. Ich vermisse es einen Herzschlag mit dir zu teilen. Ich vermisse es, durstig zu sein oder müde zu werden. Ich will es fühlen, wie du auf meine Berührungen reagierst. Soll heißen: Ich will dich zurück. Ganz und gar, und ohne Wenn und Aber. Der Heiratsantrag kam ja von dir, also bin ich diesmal an der Reihe zu fragen.“
Sie räusperte sich.
„Also Jason… Möchtest du dich noch einmal mit mir verbinden?“
Jason war einen Moment still, und schüttelte dann den Kopf.
„Was ist das denn für eine Frage, Kath? Ich möchte nicht nur, ich will. Ich muss sogar. Ich liebe dich so sehr, dass ich ohne dich nicht leben kann. Dir zu liebe habe ich monatelang darauf verzichtet, aber ich habe jeden Tag gehofft, dass du irgendwann wieder zur Ver… Ich meinte natürlich, dass du deine Meinung ändern würdest. Ob ich mich mit dir verbinden will? Ja. Sofort. Auf der Stelle, wann immer du willst.“
Kathleen lächelte.
„Sofort ist vielleicht unpassend, denn sobald wir verbunden sind, gedenke ich mehrere Tage mit dir auf unserem Zimmer zu bleiben und das ist an Weihnachten ziemlich unhöflich.“
Sie kicherte.
„Aber übermorgen wäre gut. Ich werde Thabea bitten uns einen Termin freizuhalten, bevor sie wieder geht.“
Jason lächelte und zog Kathleen an sich.
„Ich liebe dich“, sagte er. „Von ganzem Herzen. Aber eines sage ich dir. Wenn wir uns wieder verbinden und du uns dann noch einmal trennst, werde ich das wohl kaum überleben.“
„Tja. Dann solltest du dich halt bemühen, mir keinen Grund zu geben.“
„Gutes Argument“, gab Jason zu und beugte sich herunter um sie zu küssen.
Kathleen schloss die Augen und genoss das Gefühl in vollen Zügen. Oh ja. Es wurde Zeit, ihn wieder komplett zurück in ihr Leben zu lassen. Allerhöchste Zeit sogar.

„Und Celia?“, fragte Leonie fröhlich. „Freust du dich über deine Geschenke? Wusstest du, dass die Puppen, die du bekommen hast selber gemacht sind? Die solltest du wirklich vorsichtig behandeln, egal ob sie dir gefallen oder nicht. Immerhin freust du dich ja auch nicht, wenn jemand ein Bild kaputt machst, das du gemalt hast, nicht wahr? Also solltest du auch deine Geschenke mit viel Vorsicht behandeln. Sonst bekommst du im nächsten Jahr keine mehr.“
„Kathy hat gesagt, das stimmt nicht.“
„Was stimmt nicht?“
„Wenn ich etwas kaputt mache, bekomme ich trotzdem Geschenke. Also stimmt das nicht. Das Christkind ist nämlich ganz nett.  Das kann sogar übers Wasser laufen und hat komische Schuhe an.“
Leonie schmunzelte.
„Ja. So erzählt man sich“, gab sie zu. „Und wie gefällt dir das alles nun?“
„Toll. Es ist wirklich toll. Nur…“
„Was denn, Schätzchen?“
„Daddy ist immer noch nicht da. Und ich wollte doch so gerne ein Bild von meiner Mami.“
Sie zog die Mundwinkel nach unten und wirkte plötzlich einiges jünger als sonst. In der Regel war Celia ein wildes Kind, das kein Blatt vor den Mund nahm, aber jetzt gerade wirkte sie so verletzlich wie ein Rehkitz.
Greg, der das Gespräch mit angehört hatte, setzte sich neben Celia und legte ihr einen Arm um die Schultern.
„Es tut mir leid, CeeCee“, sagte er. „Ich habe wirklich versucht noch ein Bild von Cynthia zu finden, aber unsere Mutter war nie sonderlich sentimental. Als Cynthia ausgezogen ist, hat sie alle Fotos in den Müll geworfen und viele gab es ohnehin nicht. Da konnte dann leider auch das Christkind nichts machen.“
Celia schniefte und wischte sich dann mit dem Saum ihres Kleides den Schnodder ab.
„Das ist gemein…“, sagte sie. „Dabei…“
Doch sie kam nicht dazu den Satz zu beenden, denn in diesem Augenblick schwang die große Türe auf und eine vermummte Gestalt brachte einen Schwall Schnee mit in die Halle.
„Tür zu“, rief Doreen sofort. „Es ist kalt.“
Viktor beeilte sich ihrem Wunsch nachzukommen. Es war wirklich sehr kalt und der Schnee machte es nicht gerade besser.
Celia sprang auf und kniff die Augen zusammen, doch erst als der Mann die Mütze abnahm, erkannte sie ihn.
„Daddy“, rief sie begeistert und umarmte Coal, ohne sich von dem Schnee und dem Eis stören zu lassen. „Du hast es geschafft.“
„CeeCee.“
Er nahm sie hoch und wirbelte sie im Kreis.
„Wie hab ich dich vermisst, meine Kleine. Und was hast du in meiner Abwesenheit alles angestellt?“
„Nichts, Daddy. Ich war das liebste Mädchen auf der ganzen Welt.“
„Na dann kannst du unmöglich meine Tochter sein“, sagte er und sah sich suchend um. „Also. Wo ist dann meine Tochter? Tochter! Tochter! Wo bist du denn? Ich habe ein Geschenk für dich.“
„Ich bin deine Tochter, Daddy.“
„Aber du hast doch gerade gesagt, du hättest nichts angestellt…“
„Das war gelogen“, kam Leonie dem Mädchen zur Hilfe. „Sie hat durch das Schlüsselloch gelinst und den Adventskranz in Brand gesteckt. Außerdem hat sie Gadha einen Schneeball in die Schuhe gesteckt.“
„Na das klingt doch schon eher nach meiner Tochter“, sagte Coal grinsend und zog sie die Jacke aus. „Dann finde ich ja doch noch einen Abnehmer für mein Geschenk.“
Celias Augen fingen an zu leuchten, als Coal aus einer Tragetasche ein großes Geschenk zog. Ohne zu zögern riss sie das Papier ab und im nächsten Moment klappte ihr vor Erstaunen die Kinnlade herunter.
„Daddy…“, sagte sie unsicher und sah auf die große Holzplatte vor sich. „Ist das…“
„Ja. Das ist deine Mutter“, bestätigte Coal. „Die Eingeborenen, die uns manchmal auf der Insel besuchen gekommen sind, haben dieses Bild geschnitzt, als Cynthia schwanger war. Sie waren vollkommen fasziniert von ihr.“
„Das ist wunderschön“, sagte Leonie voller Ehrfurcht und strich über das Bild. „Woher…“
„Ich war bei ihrem Stamm. Es war allerdings gar nicht so einfach, ihnen das Bild abzukaufen. Sie hielten Cynthia wohl für eine Art Halbgott. Glücklicherweise dachten sie aber auch, ich wäre ein Dämon und haben sich dadurch am Ende überzeugen lassen.“
Die Schnitzerei sah überzeugend echt aus, aber es war natürlich kein Fotos und Celia wirkte immer noch unsicher, was sie von dem Geschenk halten sollte.
„Wenn du lieber ein Bild hättest, so wie das von Kara, dann können wir mit dieser Vorlage bestimmt eins anfertigen lassen“, versicherte Coal. „Es war nur leider das einzige, was das Christkind auftreiben konnte.“
„Nein“, sagte Celia schnell. „Nein. Es gehört mir. Ich will es behalten. Ich… Danke, Daddy. Danke, dass du dem Christkind geholfen hast. Es ist wirklich toll. Ich… ich vermisse Mami nur so doll.“
Coal nickte und zog seine Tochter in die Arme.
„Das tue ich auch“, versicherte er. „Jeden Tag von ganzem Herzen. Aber weißt du was? Sie ist immer bei uns. Auch wenn wir sie nicht mehr sehen. Und solange wir nicht aufhören an sie zu denken, wird sie auch nicht aufhören bei uns zu sein.“
„Versprichst du mir das?“
Coal nickte und wischte Celia die Tränen von der Wange.
„Das tue ich“, sagte er. „Frohe Weihnachten, mein Schatz. Du hast es verdient.“    

Nachdenklich sah Darrek zu, wie Coal seine Tochter in die Arme schloss und ein ungekanntes Gefühl der Wehmut erfasste ihn. An sich hatte er sich nie Gedanken darüber gemacht, ob er einmal Kinder haben wollte. In der Welt der Warmblüter war das eigentlich keine Frage des Wollens, sondern eine Frage des Glücks oder Pechs. Kinder waren ein Geschenk, das nicht jedem Warmblüter zu Teil wurde und viele blieben ein Leben lang kinderlos. Darrek hatte das bisher nie gestört, aber seitdem er Laney kannte hatte sich vieles geändert und mit ihr kam ihm der Gedanke, Vater zu werden plötzlich gar nicht mehr so erschreckend vor.
Darrek seufzte. Um sich über so etwas Gedanken zu machen, musste Laney erst einmal wieder erwachen. Und das würde noch einige Jahre dauern.
„Liebeskummer?“, fragte William und Darrek fühlte sich sofort ertappt.
Der Kaltblüter hatte schon immer gut seine Gefühlslagen einschätzen können, aber jetzt gerade passte das Darrek ganz und gar nicht.
„Ich doch nicht“, sagte er. „Du kennst mich doch.“
„Gerade deswegen. Aber ist schon in Ordnung. Du musst nicht darüber reden. Es reicht schon, dass du nur hier bist. Diese ganze weihnachtliche Atmosphäre ist Balsam für die Seele.“
Darrek schnaubte amüsiert.
„Also. Ich finde ja, man merkt wirklich selten, dass du schwul bist, Will. Aber mit diesem Kommentar hast du dich eindeutig geoutet.“
William schüttelte den Kopf, ohne beleidigt zu sein.
„Es ist in Ordnung, wenn du sie vermisst, Darrek“, versicherte er. „Vergiss nur nicht, wie viel Glück du hast. Denn… Laney wird wieder erwachen. Bei Cynthia hingegen ist das nicht der Fall.“
Darrek nickte und legte dann William freundschaftlich einen Arm um die Schultern.
„Danke, dass du mich eingeladen hast, Will. Ich weiß ja, dass es Kathleens Idee war, aber du hast mich immerhin ausfindig gemacht.“
„Gern geschehen, alter Freund. Und frohe Weihnachten.“
„Ja. Frohe Weihnachten, und auf dass die nächsten neun Jahre genauso schnell vergehen, wie das letzte.“
William grinste.
„Das werden sie“, versicherte er. „Das werden sie sogar ganz bestimmt. Darauf kannst du dich verlassen.“


Ende

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